Interim Management
Familienunternehmen, die krisenbedingt Umstrukturierungsbedarf haben oder einfach die wirtschaftliche Lage als Chance für eine Neuorientierung nützen wollen, bringen besondere Herausforderungen mit sich.
Rechtliche Herausforderungen. In rechtlicher Hinsicht müssen einerseits unternehmensbezogene Fragen etwa des Gesellschafts- und Arbeitsrechts sowie des Bank- und Insolvenzrechts geklärt werden. Andererseits geht es auch oft in der Familie um Fragen des Einflusses, das Privatstiftungsrecht oder die Absicherung vor Gläubigern. In wirtschaftlicher Hinsicht führt die angespannte Situation dazu, dass die bisherige Geschäftsführung allein oft überfordert oder aufgrund interner Streitigkeiten lahmgelegt ist. Für solche Fälle gibt es in Form von Interim Managern probate Abhilfe.
Lotse an Bord. Ein Interim Manager ist wie ein Lotse, der einem Kapitän den Weg durch schwierige Gewässer zeigt. Ist die Strecke geschafft, geht er von Bord. In Krisenzeiten lassen sich in Familienunternehmen typischerweise zwei parallele Krisenarten identifizieren: eine Unternehmenskrise und eine Familienkrise. Der Lotse muss also zwei eng miteinander vertäute Boote dirigieren und dafür Sorge tragen, dass diese nicht auseinanderdriften und sich gegenseitig zum Kentern bringen.
Fehlende Managementkapazitäten. Die Herausforderungen in diesen turbulenten Zeiten sind enorm: Absatzeinbrüche, Preisverfall, Wertberichtigungsbedarf, aufgezehrtes Eigenkapital und fehlende Liquidität führen unweigerlich in die Krise. Zur Umsetzung der erfolgskritischen Maßnahmen fehlen in den Unternehmen häufig die internen Managementkapazitäten. Der Lotse kommt an Bord. Er muss das zwischenzeitlich verlorengegangene Vertrauen in die Fähigkeit zum erfolgreichen Wandel wieder herstellen.
Auf Erfolgskurs. Wie kann der Lotse erfolgreich sein? Zunächst gilt es immer, die operativen Veränderungsmaßnahmen - also das Restrukturierungsprogramm - umzusetzen. Es ist jedoch kein Interim Manager in der Lage, Veränderungsprozesse allein vorantreiben. Der Interim Manager muss also nicht nur fachlich sattelfest, sondern auch ein guter Kommunikator sein. Diese Fähigkeit muss er sowohl nach außen, mit Banken, Gläubigern, Lieferanten, Abnehmern und Medien, als auch nach innen, mit Eigentümern, Belegschaft und Management, unter Beweis stellen.
Rechtliche Beratung. Parallel bedarf es einer umfassenden rechtlichen Beratung: Unternehmen werden umstrukturiert oder verkauft, Kredite müssen umgeschuldet werden. Im Ernstfall müssen Kurzarbeit oder Kündigungen ausgesprochen werden. Bei der Kurzarbeit sind auch die finanziellen Konsequenzen der damit verbundenen Behaltepflicht zu beachten.
Insolvenzverfahren. Regelmäßig sind auch Insolvenzszenarien zu entwickeln. Darüber hinaus entsteht innerhalb der Familie Unterstützungsbedarf: Die neue Lage erfordert zum Beispiel eine Abänderung von Syndikatsverträgen oder eine Abklärung der Nachfolge. Aus unterschiedlichen Gründen kann die Errichtung einer Stiftung oder die Abänderung bestehender Stiftungsdokumente erforderlich sein.
Absicherung des Privatvermögens. Dabei spielt etwa auch die Absicherung des Privatvermögens eine herausragende Rolle. So könnte man überlegen, eine Stiftung oder auch Substiftung zu errichten und auf Änderungs- und Widerrufsrechte zu verzichten, um einen Zugriff der Gläubiger auf den dort untergebrachten Teil des Vermögens zu verhindern. Dabei sind allerdings - insbesondere insolvenzrechtliche - Anfechtungsfristen zu beachten. Weiteres kann eine Abänderung stiftungsinterner Einflussrechte, so zum Beispiel die Bestellung von Familienmitgliedern als Beiräte, erforderlich werden.
Fazit: Ziehen Unternehmer, Interim Manager, Belegschaft und Rechtsanwälte an einem Strang, kann Interim Management durchaus den Weg aus der Krise in eine erfolgreiche Zukunft bewirken.
Zu den Autoren:
Dipl.-Kfm. Holger Groß, Partner und Geschäftsführer bei DIE MITTELSTANDSHANSE GmbH.
Dr. David Christian Bauer, Rechtsanwalt und Partner bei DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien.
Diesen Artikel veröffentlichten die Autoren wortgleich im Wirtschaftsblatt Österreich.